
“Alt wie ein Baum…“ war Disko Lenchen, als sie als DJane durchstartete. Damals hieß das Schallplattenunterhalter. Da war sie 60 und eigentlich Rentnerin, 1971. Hier ist ihre Geschichte.
Mit 60 durchgestartet als DJane
1986, 15 Jahre später also nachdem sie angefangen hatte, legte sie immer noch auf: Im Schwibbbogen, im Burghof, im Monopol. Bis zu 4x pro Woche. Auch Aufträgen zu Betriebsvergnügen hatte sie ständig und kaum ein Wochenende frei. Darüber jedoch konnte sie nur schmunzeln und soll einmal gesagt haben: „Dafür hab ich doch unter der Woche frei.“
Damit war sie die älteste Vertreterin ihrer Zunft im gesamten Gebiet der DDR und schaffte es in die Sendungen „Außenseiter – Spitzenreiter“ mit Hans-Joachim Wolfram. Das wiederum führte dazu, dass die ganze DDR sie kannte.
Einer ihrer guten Freunde war Costa Cordalis und besuchte sie sogar in ihrer Rauschwalderer Wohnung in Görlitz.
Verbotene Platten aus Westberlin
Aus Westberlin brachte sie stets die aktuellen Platten mit. So erklangen dann auch unerwünschte Songs, wie „Ein deutscher Soldat am Wolga-Strand“ oder „Moskau“ von der Gruppe Dschinghis Khan. Das sahen die Berufskollegen nicht so gern, die oftmals bereits wegen Lappalien stramm stehen mussten.
Und auch auf die 40/60 Quote (40 % Westlieder, 60% Ostlieder) pfiff sie. Was sollte einer Rentnerin schon passieren?
Das Equipment der alten Dame
Stets dabei war ihr Neffe und Fahrer Harald Hänsch, der die zwei Sterioanlagen, eine Lichtorgel, Mikrofone und Lautsprecher, sowie die ca. 300 Platten schleppte.

Als Marusha noch im Kindergarten war…
Wer bis heute dachte, Marusha war die erste Djane oder Mamy Rock wäre die älteste Djane, der hat unser Disco Lenchen übersehen. Da war Marusha noch im Kindergarten, da ging in Görlitz schon die Post ab mit einer Frau am Plattenteller.
Tatsächlich begannt sie mit Platten drehen gar nicht in Görlitz, sondern in Trassenheide an der Ostsee als Betreuerin in einem Kinderferienlager. Das war 1970. Schnell erkannte sie darin ein ernstzunehmendes Hobby. Und so legte sie die offizielle Prüfung in der DDR als „Schallplattenunterhalter“ ab und bekam ihre Lizenz.
Auszeichnungen und Würdigungen
„Außenseiter – Spitzenreiter“ waren nicht die einzigen, die über sie berichteten.
Auch „Nero Brandenburgs Schlagerladen“ im Westberliner Radiosender Rias berichtete von ihr:
Auch das Jugend-TV „Rund“ vom 4. September 1982 nahm sie ins Porträit und das Dokfilm-Studio Berlin hatte einen Film über ihr Diskoleben drehen lassen. Der Tanzkreis „Grün-Gold“ würdigte Disko-Lenchen ebenso, wie die „Abteilung Kultur“ beim Rat der Stadt. Und zum 15. Jubiläum kam Hans Joachim Wolfram mit 15 Rosen.
Nachts DJane, tagsüber gesund
Eigentlich war Disko Lenchen ja Verkäuferin. Mit ihrem Ehemann leitete sie 18 Jahre lang die Rollschuh- und Eiskunstlaufgruppe der BSG Motor Görlitz. Und auch im Ruhestand lebte sie gesund: Sie liebte ihr Fahrrad und ging viel spazieren.
Karriere Ende am Ende der DDR
Am Ende der DDR wurden die Aufträge weniger und fielen ihr auch zusehens schwerer. Da war sie Ende 70. Helene Kuhnert, wie sie bürgerlich hieß, wurde am 24. November 1911 geboren und starb am 3. Mai 1991 mit 80. Ihre letzte Ruhestätte fand sie in Rauschwalde auf dem Friedhof. Was sie uns hinterlässt ist die Gewissheit, das man niemals zu alt ist – egal für was.
(Ein Beitrag vom 2015, aufgepeppt 2025. In den Jahren in Summe 602 Likes)
Eure schönen Kommentare
„…bei Ihr ging die Post ab, egal ob jung oder alt.“
„Ich kenne Lenchen noch von ihrer Zeit in der Disko – vom Rollschulauftraining mit ihrem Mann und den Auftritten, war in den 50-ger Jahren des letzten Jahrhunderts…“
„Sie wohnte damals in Rauschwalde über der Jutzi Fleischerei! War schon ne coole Oma…“
„Im Schwibbogen hat sie ordentliche Mucke gemacht. War immer schön als Jungspund dort.“
„1981 hat sie bei der Jugendweihe von meinem Bruder im deutschen Haus aufgelegt….sie war echt genial“
„Ach mein Diskolenchen, ich habe sie als Kind oft bei ihr zuhause besucht.. Ich fand sie immer so niedlich… Und sie hatte viel zu erzählen…“
„Hat immer für Stimmung und gute Laune gesorgt unser Discolenchen.“
„Schade das sie nicht mehr unter uns ist. Sie war mega“
„Ich habe mit ihr in einen Haus gewohnt. Sie wohnte ein Stock unter mir. Sie war eine ganz liebe.“
„In Bansin auf dem Zeltplatz haben wir sie gesehen.“
„die Frau war herrlich!“
„Ich habe diese Künstlerin auch persönlich kennengelernt, war eine super Frau…in Görlitz.“
Hier unter dem Beitrag sind so bunte Symbole. Damit könnt ihr den Beitrag an Freunde teilen über Whatsapp, Instagram, Twitter, per eMail etc. Probierts mal aus!