In Kowary/Schmiedeberg im Riesengebirge (südlich von Jelena Gora/Hirschberg, in Polen) gibt es einen Miniatur Park. Und der hat doch tatsächlich das Görlitzer Rathaus in klein. Seit Juli 2018 wollte ich mir das ansehen. Jetzt hat es endlich geklappt. Hier der völlig andere Blick auf unser Rathaus.
8 Modellbauer – 5 Monate Bauzeit
Unser Rathaus wurde im 1369 gebaut. Im 16 Jhd bekam der Rathausturm seine mechanische Uhr. Verschiedene Elemente sind wirklich besonders: Der goldene Löwe, die Uhren, die Rathaustreppe, Justitia ohne Augenbilde, der böhmische Löwe, das Eingangsportal, die Buntglasfenster im Treppenhaus, der Sitzungssaal, der historische Innenhof. Die Liste ist gefühlt endlos. Und all das haben die 8 Modellbauer wirklich täuschend echt nachgebaut. Es ist absolut beeindruckend. Hier und da haben sich kleine Fehlerchen eingeschlichen, die aber nur eingefleischte Görlitzer entdecken. Lasst uns zusammen eine Runde rum gehen…
Endlich kann man sich mal so richtig die Uhren angucken.
Da issa, unser Goldener Löwe, der auf Knopfdruck brüllt.
Das Ensamble unserer Rathaustreppe: Mit Justizia, mit Verkündungskanzel, mit Böhmischen Löwen, mit Eingangsportal. Herr Wendel Roskopf (der Erbauer, unter dessen Leitung 1537 bis 1539 dieses Ensamble entstand) wäre sicherlich ganz entzückt von dieser wundervollen Miniatur.
Und auch von der Seite, quasi aus dem Schönhof geguckt, ist alles perfekt so, wie in Wirklichkeit. Justitia natürlich OHNE Augenbinde in Görlitz.
Da kommt man als Normalsterblicher auch nicht hin, um sich mal die Turmuhren in Ruhe angucken zu können.
Aber jetzt! Die erste Abweichung, die mir ins Auge fiel: Die Pflasterung vor der Rathaustreppe und die Brüderstraße entlang. Mir geht es dabei noch gar nicht mal um den mittelalterlichen Abwasserkanal, über den ihr hier lesen könnt. Sondern…
So ordentlich liegt nicht der Granit. Und auch der schwarze Basalt liegt doch tatsächlich in Halbbögen.
Die Ostseite mit dem OB Zimmer ist soweit perfekt getroffen, nur dass wir im Sommer natürlich hübsche Blumenkästen dort hängen haben.
Aber da, der Trausaal! Der Witz ist doch, dass in Görlitz hinter Gittern geheiratet wird!!! Die fehlen leider (bisher). Der Hintergrund, historisch, ist übrigens, dass sich in diesen Räumen zunächst die Münze (also die Münzprägung) befand und daher die Gitter am Fenster waren. Und nun ist es ein Running Gag bei den Stadtführern…
Schön wars, die Dachgaube über der Münze/dem Trausaal mal von so nah betrachten zu können.
Und dann das Eingangsportal wieder in Perfektion.
Sogar der Gaffkopf gafft ordnungsgemäß aus dem Portal heraus.
Ich weiß gar nicht, ob die mich eigentlich beobachtet haben, wie ich ganz verliebt um dieses Miniaturmodell gekrochen bin…
Aber Jetzt! Da hat doch auf der Nordseite die künstlerische Freiheit durchgeschlagen. Ich vermute, es hätte einfach nochmal 2 Monate länger gedauert, auch noch das „Neue Rathaus“ dranzubauen. Und vielleicht wäre es auch insgesamt zu groß geworden. Aber hey, damit sind die beeindruckenden Laubengänge flöten gegangen und der Ratskeller (zumindest dessen Eingang) gleich mit. Dafür haben wir nun frei erfundene Fenster, die in Realität gar nicht existieren. Zumindest ist es in dieser Darstellung durchaus gelungen, wenn auch gemogelt.
Ich war mir in Görlitz noch gar nicht das Pflaster vor dem Eingangsportal angucken. Ich vermute aber, es sieht erneut dezent anders aus, wie in dem perfekten Modell.
Damit also der Röntgenblick durch die Laubengänge auf die Ostseite und da lachen schon die nächsten Besonderheiten.
Kurzer Stopp an den Buntglasfenstern aus dem Treppenhaus. Die gibt es ja tatsächlich. Von Innen sehr schön. Von Außen gar nicht zu sehen. 1:0 für die Modellbauer, denn sie halten uns vor Augen, dass wir da eine kleine Attraktion verbergen, indem wir nachts kein Licht von Innen die Buntglasfenster anstrahlen lassen. Das wäre doch mal was! Okay, dann steht immer noch ein Baum im Weg, aber hey, da ist Luft nach oben!
Jetzt der Baum im Innenhof. Hier muss ich die Modellbauer in Schutz nehmen. Ich hätte definitiv auch an einen Baum eine Bank gestellt und zwei Männel drauf gesetzt. In Wahrheit ist da ein Baum, ja, aber viel größer und ohne lauschiger Bank. Macht auch wenig Sinn, denn die Mauer hat ein Tor und das ist immer zu. Aber sehr schöne Idee der Modellbauer. 2:0 für sie für die geniale Interpretation.
Weiter gehts mit dem großen Sitzungssaal und… Garagen? Hat da je jemand drei Garagen gesehen? „Manchmal geh ich meine Straße ohne Blick.“ Tatsächlich existieren diese drei Garagen, ich war gucken!
Weiter gehts in die Apothekergasse, die beim Modell ohne ihre zweite Häuserfront auskommt und deswegen mal schön im Ganzen zu sehen ist. Eine Mogelei in der Realität im übrigen. Eigentlich stand unser Rathaus ja auf der Mitte eines Platzes! So findet man das noch in Löbau, Lauban, Zittau, quasi überfall im Sechs-Städte-Bund. Aber irgendwie war die Apothekergasse heimlich still und leise drangewachsen. Und nun steht unser Rathaus also gefühlt am Rand eines Platzes und nicht mehr mittendrin.
ABER: Da fehlt der Brunnen!
Damit sind wir beim Rathausinnenhof, der wieder 100 Punkte absahnt. Zumal ich mich ziemlich verrenkten musste, um die Fotos zu ergattern. Offenbar wurde der Hof also gebaut, bevor die Dächer aufgesetzt wurden.
Das Erkerchen am Ratsarchiv stimmt…
… und auch unsere Romeo und Julia Treppe. Alles da!
Damit war ich die Runde rum. Vorsicht, Riesen in der Stadt 😉
Anderes
Der Miniatur Park beinhaltet Baudenkmäler aus ganz Schlesien. Da Görlitz mal zu Schlesien gehörte, steht dort also auch unser Rathaus. Weitere bekannte Objekte sind das Schloss in Bad Muskau, das Stellmacherhaus in Zgorzelec, ein Wehrturm von Lauban / Luban, die Altstadt von Hirschberg / Jelena Gora, die Schneekoppe, das Schloss in Friedland / Frydland und überhaupt Schlösser, Schlösser und nochmals Schlösser von deutschen Kaisern, Adelsfamilien und ihren Gästen. Ich wills in diesem Beitrag mal beim Rathaus belassen. Tatsächlich kann ich den Miniatur Park empfehlen – es macht aber nur Sinn mit einer kleinen Grundlage an Schlesienkenntnis. Für Ortsfremde endet es wohl dabei, dass da lauter Miniaturhäuser rumstehen, zu denen dann aber leider der Bezug fehlt.
Anfahrt
Mir wars ja bisher tatsächlich zu weit ab Görlitz. Die Fahrt dauert 1 h 20 Min. Da ich nun aber schon auf halber Strecke war auf dem Konik Polski Hof, habe ich es mir nicht mehr nehmen lassen. Kowary / Schmiedeberg ist ein Nachbarort von Karpacz / Krummhübel.
An die 8 Modellbauer ein herzlichstes DANKESCHÖN!
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