Das tödliche Neiße Wehr bei Köslitz/Koźlice

Wehr Köslitz Görlitz Neiße
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Am 10. Juli 2021 kenterte ein Kajak am Wehr in Köslitz bei Görlitz. Ein 32 jähriger Mann starb.
Am 28. August 2021 kenterte ein Schlauchboot am selben Wehr vor Görlitz. Ein 62 jähriger Mann starb.
Zwei Todesfälle, zwei zu viel. Immer am selben Wehr. Was ist das los?

Update 09.11.2023

Die Staatsanwaltschaft Dresden hat ein Verfahren eröffnet gegen den Bootsbetreiber des zweiten Todesfalls vom 28.8.2021. Ihm wird Fahrlässige Tötung vorgeworfen. Bis zur Entscheidung des Gerichts gilt die “Unschuldsvermutung”. Der Angeklagte will Ab November 2023 seinen Aufenthalt für 6 Monate in die USA verlegen. So berichtet die SZ und MDR Sachsen Radio am 9.11.2023.

Die Gefahr: Geröll und Wasserwalze

Das Wehr liegt zwischen dem alten Deutsch-Ossig (deutsche Seite) und Köslitz/Koźlice (polnische Seite). Von der deutschen Seite ist es nicht zugänglich und nicht zu sehen. Vom Radweg auf der Ostseite der Neiße kann man ran. Es ist ein kurzes Wehr, was allerdings dahinter einen ziemlich langen Abschnitt von Felsen hat. Hier zwei Fotos bei Niedrigwasser:

Hier ein Foto bei Normalwasserstand. Da sieht man die tödliche Gefahr der Felsbrocken nicht mehr:

Wenn man das so sieht von unten, will man da auf keinen Fall runter fahren. Leider kommt man von oben bei einer Bootstour und sieht die Gefahr gar nicht, die sich unterhalb vom Wehr befindet.

Außer Geröll gibt es in diesem Jahr noch eine Gefahr: Bei jedem Unglück war Normalwasserstand bzw Stufe 1 und erhöhte Fließgeschwindigkeit. Dabei bildet sich hinter dem Wehr eine Wasserwalze, die alles nach unten drückt und nicht mehr hochlässt, was hinein gerät. Und sollte man heraus schaffen, erwarten einen die Felsbrocken.

Genau dafür schreibe ich jetzt diesen Text und will es Euch zeigen und erklären. Es sind letztlich auch die Endverbraucher, die Bootsfahrer, die für sich entscheiden können, dass sie dieses Wehr keinesfalls fahren wollen. Ich würde es niemals fahren. Und bisher wurde es auch von keinem lokalen Anbieter angeboten….

Was ist so eine tödliche Wasserwalze?

Hier ein Erklärvideo dazu (2:22 Min):

CRT Kanu Touren und Boats & Friends Schlauchboot Touren

Ich hab beides ausprobiert und beide lokale Anbieter waren bisher verantwortungsvoll:
2017 bin ich mit den erfahrenen Kanuten vom CRT Radmeritz mitgefahren. Jeder Laie bekommt dabei einen echten Kanuten dazu gesetzt. Am Wehr Köslitz ist dabei Ausstieg, dann wird rumtragen und weitergefahren! Das man einen erfahrenen Kanuten dazu bekommt, ist auch gut so. Die Neiße ist ne kleene Wilde, je nach Wasserstand. Ich hab an dem Tag 2 Kanus kentern sehen und bin selber zerschrammt aus einer Weide gekommen.

2020 im Oktober bin ich mit einem gelben Schlauchboot von Boats & Friends gefahren: Unterhalb des Wehr Köslitz ging es los – also erst hinter der Gefahr. Hier ein Foto von unserer Abfahrt:

Der erste tödliche Unfall im Juli 2021 war von keinem der beiden lokalen Anbieter aus angeboten worden.
Der nun zweite tödliche Unfall war mit einem Boot von Boats & Friends. Die Staatsanwaltschaft wird sich laut Pressemitteilung der Tageszeitung nun damit beschäftigen.

Ausbau durch “Abenteuer Neiße” seit 2015

Die Neiße ist seit 2015 “schiffbar” gemacht worden mit EU Geldern. Unter dem Projektnamen “Abenteuer Neiße” wurden Ein- und Ausstiegsstellen angelegt, Hinweisschilder aufgestellt, Rastplätze mit Picknicktischen und Fahrradständern angelegt – mehrheitlich auf polnischer Seite. Hier die Wehre mit ihren Ein- und Ausstiegsstellen im Bereich Görlitz.

Leider sind die Warnschilder, die Bootsfahrer vom Wasser aus sehen und die auf ein Wehr hinweisen, verblichen und zumeist auf polnisch. Auch hier müsste dringend nachgebessert werden!!!

Tödliche Neiße in der Geschichte

Die Neiße war schon immer tödlich. Hier einige Beispiele:
Die Neiße hatte ab 1830 im Stadtgebiet Görlitz 10 Flussbäder. Weil es immer wieder wegen der Strömung zu tödlichen Badeunfällen kam, wurde letztlich 1909 – 1912 die Flussbadeanstalt in der Weinlache ( = weniger Strömung) errichtet. DAS war der Grund: Die tödlichen Unfälle im Hauptstrom der Neiße. (Siehe Artikel)

Und auch bei Bootstouren sind in den vergangenen Jahren auf der Neiße immer wieder Zwischenfälle passiert, da aber nördlich von Görlitz, so dass es in der Verantwortung anderer Bootsanbieter lag.
2012 starb ein Mann beim Versuch, das Wehr in Steinbach zu überfahren. Das musste unweigerlich schiefgehen – wenn man das Wehr mal von unten gesehen hat.

Der letzte dokumentierte Unfall war 2018, nördlich von Görlitz bei Zentendorf/Bielawa Dolna, bei dem ein 16 jähriger polnischer Junge in einer der wenigen tiefen Stellen der Neiße beim Baden ertrank.

Bitte behaltet im Hinterkopf: Das Wehr in Köslitz ist tödlich! Fahrt es nicht – auch wenn der Anbieter etwas anderes ermöglicht. Den Angehörigen mein aufrichtiges Beileid.


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