Es war einmal Hans Frenzel der Reiche (1463 – 1526)

Hotel-Frenzel-Hof-Görlitz
Spread the love

Die Geschichte von Georg Emmerich habe ich schon erzählt. Er ist auch der, der uns am meisten im Gedächtnis der Stadt erhalten blieb. Danach jedoch kam einer, der war noch viel viel reicher als Emmerich. Um den soll es heute gehen: Hans Frenzel.

Das Kind Hans Frenzel

Hans wurde 1463 in Görlitz geboren und wuchs auch hier auf. Hier ging er ab 7 Jahren zur Schule, bis ihn 1474 (mit 11!) sein Vater nach Posen schickte. Posen war damals in Polen und genau darum ging es: Hans sollte polnisch lernen. Das war unverzichtbar, wenn man Kaufmann im Fernhandel werden sollte, um auf den polnischen Märkten seine Absätze zu machen.

Der junge Erwachsene Frenzel

1484 kam der inzwischen 21 Jährige zurück und stieg ins Geschäft von Onkel Peter (Vaters Bruder) ein. 1493 hat er Anna Tilicke geheiratet (mit 30). Die war die Tochter eines ebenfalls wohlhabenden Händlers und ehemaligen Ratsherrn von Görlitz. (Ratsherr = sowas wie heute ein Stadtrat). 1494 (mit 31) gründete er sein eigenes Unternehmen.

Der Geschäftsmann Frenzel

1499 starb der Schwiegervater Tilicke und Hans erbte unter anderem den Untermarkt 5, jede Menge Geld, dazu eine Menge Mobilien (ich vermute Kutschen etc).

Der Frenzelhof Untermarkt 5, heute Hotel und Gastronomie.
Das Hauswappen Frenzels mit einem Engel und H F.

UND: Er erbte Friedersdorf. Da war er 36.

Das war damals so ein „Hobby“ von Ratsherren, dass sie sich umliegende Dörfer unter den Nagel rissen. Irgendwie musste die ganze schweine Kohle ja investiert werden, die die reichen Görlitzer hatten und letztlich auch das Vermögen erweitert werden durch Land, Bauern, Felder, Gärten, was erneut Vermögen abwarfen. Bei Emmerich (nicht nur Ratsherr, sondern 5x Bürgermeister) hatte ich das schon angerissen. Unser Hans besaß nun also Friedersdorf. Heute würde ich sagen: Seine Frau Anna war die Erbin und besaß Friedersdorf, aber nunja…

Ohne politisches Amt zu Einfluss – VIVA la Familia

Hans war übrigens nie Ratsherr oder Bürgermeister. Es ist nicht genau herauszufinden, wieso nicht. Eine wichtige Voraussetzung hatte er nämlich: Ein eigener Brauhof! Würden wir das auf unsere jetzige Zeit übersetzen, säßen im Stadtrat die Besitzer und Bierbrauer der Landskronbrauerei, der Bierblume, des Görlibräu und des Fritzbräu. Würden wir sagen, nur wer wohlhabend ist, darf in den Stadtrat – was Brauhofbesitzer um 1500 sicher immer waren – käme heute ebenfalls ein völlig anderer Stadtrat zusammen. Aber zurück zu Frenzel.

Er war also nie Ratsherr, aber kräftig verquickt mit ihnen. Hier kommt nun das Thema Stammbaum und Ahnenforschung durch. Sowas kann wichtig sein, wie man am Bsp Hans Frenzel sieht:

✅ Vom Schwiegervater hatte er den Untermarkt 5 geerbt und Friedersdorf.
✅ Vater Hans und dessen Brüder (Onkels) Georg und Peter waren Gerber = Geschäftspartner.
✅ Hans Schwester Katherina heiratete Bernhard Bernt (Schwager!), der Untermarkt 2 + 3 kaufte, ebenfalls Tuchhändler war und mit Hans zusammen Geschäfte macht. Dieser Bernhard war Ratsherr.
✅ Hans zweite Schwester Anna heiratete Hans Reintsch.
✅ Hans dritte Schwester Barbara heiratete Barthel Reynold, auch ein Ratsherr.

Hans selber stand also in vielen familiären und geschäftlichen Beziehungen. Aber vielleicht das interessanteste: Aufgrund seines Vermögens vergab er Kredite an „einige der damals reichsten und politisch einflussreichsten Görlitzer Ratsherren und Bürgermeister“. Folglich musste er gar kein Ratsherr sein, um durch familiäre Verknüpfungen, Geschäftspartner bzw Kreditgeschäfte Einfluss auf die Ratsherren zu haben. Man „kannte“ sich eben. 😎

Das Dörfer-Monopoly

Es sollte nicht bei Friedersdorf bleiben.
🏠 1500 kaufte er sich einen Teil von Girbigsdorf (mit 37).
🏠 1504 kaufte er sich Königshain (mit 41) und baute hier auch seinen Landsitz aus.
🏠 1504 kaufte er einen Teil von Markersdorf. (mit 41).
🏠 1505 kaufte er sich Kunnersdorf (mit 42).
🏠 Irgendwann noch Zodel (fehlt mir die Jahreszahl).
Dazu östlich der Neiße:
🏠 1508 Lissa (mit 45). Dazu 🏠 Leopoldshain, 🏠 Schützenhain und 🏠 1511 Langenau.
🏠 1524 kaufte er noch Liebstein, um das „Set“ im Westen komplett zu machen (mit 62).
Zum Vergleich: Emmerich hatte 19 Dörfer um Görlitz.
Hans Frenzel kam auf 11. Ich übertreibe nicht, wenn ich von Dörfer-Monopoly der reichen Görlitzer spreche.

Der Konflikt mit den Emmerichs

Emmerich war der ungekrönte König von Görlitz und bereits hoch betagt, als dieser junge Frenzel auf der Görlitzer Bühne auftauchte und „nervte“. Emmerich war ebenso gut vernetzt in der Stadt durch familiäre und geschäftliche Verbindungen. Und er hinterließ durch Stiftungen (von ihm gesponsort) und sakrale Bauten eine tiefe, bleibende Spur in der Görlitzer Geschichte und Optik. Und nun wollte das dieser Frenzel auch. Emmerich stellte sich bis zu seinem Tod 1507 quer. Erst danach konnte Frenzel seinen Plan zur Annenkapelle umsetzen. Es gab nämlich ein Problem:

Problem: Kinderlos

Frenzel war ein frommer Mann und seit 1493 kinderlos mit Anna geblieben. Heute würden wir sagen: Er zum Urologen, sie zum Gynäkologen, beide zum Therapeuten, dazu viel Yoga, Meditation und Qi Gong sowie ein bisschen Ernährungsumstellung.

Die Idee 1500 war: Eine eigene, private Kapelle! Gott musste den Kinderwunsch richten. Ein Stammbaum ohne männlichen Nachkommen war nichts, egal wie vermögend man war. Um 1500 hatte er wohl schon Pläne zum Bau.

Aber, wie schon erwähnt, Emmerich stellte sich quer. Noch dazu an so exponierter Stelle – an der Handesstraße, die aus Zittau kam, gleich hinter dem Frauenthor (Dicker Turm)? Nix da! So wurde ein erster Antrag auf einen Bauplatz 1505 abgelehnt.

Erst nach dem Tod von Emmerich und über die Kontakte zu „seinen“ Ratsherren konnte 1508 der Bau der Annenkapelle beginnen. 1512 war Einweihung. Frenzel setzte 6 Priester ein, die dort bis zu 30 (!) Messen pro Woche für Frenzel und seine Familie lasen.

Annenkapelle in der Steinstraße, privat für Hans Frenzel erbaut.
Eine der Figuren (“Anna Selbdritt”: Oma Anna, Mutter Maria, Kind Jesus) an der Annenkapelle. Unten wieder der Engel mit dem Frenzel Hauswappen H F
Infotafel an der Annenkapelle. So wirklich liest man die Frenzelgeschichte dort nicht raus.

1512 kam Sohn Johannes auf die Welt nach 18 kinderlosen Ehejahren, der aber noch im gleichen Jahr verstarb. 1515 kam Sohn Joachim auf die Welt. Halleluja! (Da war Papa Hans schon 52.) Es folgte noch ein zweiter Sohn Johannes 1517.

Tod und Erbe

Hans Frenzel starb 1526 mit 63 Jahren nach einem Leben, was ein bisschen alles übersteigt, was wir uns heute vorstellen können. Sein so ersehnter Sohn Joachim war da gerade 11 (!, die Zahl kennen wir aus der Frenzel´schen Familiengeschichte). Joachim wurde später adlig gesprochen (Joachim “Frenzel von Königstein und Liebstein”), bezog Königshain und baute dort das Schloss, was man heute kennt. Die Witwe Anna vermachte die Annen-Kapelle der Stadt Görlitz.

Quellen:

Hans Frenzel selber hatte zu Lebzeiten seine Biografie aufgeschrieben. Das hat vor ihm niemand gemacht. Offenbar wollte er in Erinnerung bleiben. Die Angaben sind deckungsgleich mit vielen offiziellen Unterlagen aus dem Archiv der Stadt, welches Käufe, Verkäufe, Stiftungen, Bauanträge, Heiraten, Todesfälle, Geburten ausweist.

In diesen Text sind eingeflossen:
📕 “Die Autobiographie des Fernhändlers Hans Frenzel aus Görlitz” von Historiker Dr. Christian Speer. Diese mit original Wortlaut der biografischen Niederschrift von Frenzel – wer mal Sprache um 1520 lesen will.
📕 “Das Hallenhaus Frenzelhof” mit Angaben von Frank Vater.
📕 Die “Schlösser der Oberlausitz” (östliche, südliche, polnische OL), alle 3 Bände von Lars-Arne Dannenberg und Matthias Donath – gibts in der Bibo.

Das weite Land der Görlitzer

Tja und wenn ihr mal wieder im Umland unterwegs seid: Das war ALLES Görlitzer Land! Vielleicht habe ich Lust, dass auch noch für andere Familien aufzulisten. Da gibt es noch die Gersdorffs, die Varnsdorfs, die Gehler, die Sercha u.a., die ebenfalls Dörfer-Monopoly mit ihrem unglaublichen Vermögen spielten.


Hier unter dem Beitrag sind so bunte Symbole. Damit könnt ihr den Beitrag an Freunde teilen über Whatsapp, Instagram, Twitter, per eMail etc. Probierts mal aus!


Spread the love