
Es ist eine beeindruckende Anlage, die ab Sommer 1946 errichtet wurde. 3.420 Menschen (darunter sogar 6 Frauen) wurden hier unter schier endlosen Grunwald-Kreuzen aus Beton bestattet. Ab 1978 kam der gigantische Piastenadler dazu. Hier ist die Geschichte dazu.
Keine Schlacht in Zgorzelec/Görlitz
Die Menschen, die hier bestattet sind, starben nicht bei einer Schlacht vor Ort. Es handelt sich also nicht um einen Kriegsschauplatz, sondern um einen Gedenkort. Die Menschen waren in der 2. Polnischen Armee. Ihren Tod fanden sie vom 16. April bis 26. April 1945 westlich der Neiße. 10 verfluchte Tage, die tausende Menschen das Leben gekostet haben – wenige Tage vor Kriegsende.

Der Auftrag
Die russische Armee will im April 1945 auf Berlin vorrücken. Die 2. Polnische Armee soll diesen Angriff absichern und wird zur „Operation Lausitz“ losgeschickt. Am 16. April kommen sie bei Bad Muskau über die Neiße. Sie zielen über Bautzen in Richtung Dresden. Das gelingt auch erstmal.
Schon 3 Tage später, am 19. April, sind sie bei Bautzen. Russische und polnische Truppen haben die Stadt komplett eingeschlossen. Darin 1.200 deutsche Kämpfer und Zivilisten.
In der Nacht zum 21. April gelingt es den ausländischen Truppen in das Stadtzentrum vorzudringen. Es beginnen in Bautzen erbitterte Straßenkämpfe. Es kommt zu zahlreichen Toten auf beiden Seiten. Die Spitze der „Operation Lausitz“ steht derweil längst vor Dresden und Radeberg.
Dann kommt Hilfe für die Deutschen. Von Süden kommt über Löbau und Weißenberg eine deutsche Kampfgruppe und trennt die 2. polnische Armee von ihrem Nachschub ab. Die Kämpfe in Bautzen eskalieren nun völlig unter der deutschen Verstärkung ab 23. April.
Bis 8. Mai 1945 bleibt Bautzen in Deutscher Hand. Mit der Kapitulation Deutschlands wird die Stadt dann aber doch den Russen und Polen übergeben. In der Rückschau fragt man sich, wozu noch dieser letzte Massenmord?

Die Bilanz dieses Gemetzels
Auf polnischer Seite sterben rund um Bautzen 4.902 Menschen. 2.798 gelten als vermisst und 10.532 wurden verwundet. Nochmal: In nur 10 Tagen! Das Heer der 2. Polnischen Armee schrumpft um 22%. 57% ihrer Panzer büßen sie in Bautzen ein.
Auf deutscher Seite sterben ca. 1.000 Soldaten. Viele sind in letzter Sekunde eingezogene Jugendliche. Am Ende von 6 Jahren Krieg war – wie in jedem Krieg – kaum noch jemand anderes übrig.
Schätzungen gehen weiterhin von 716 willkürlich getöteten Zivilpersonen aus.
Auf beiden Seiten werden zusätzlich zu den direkten Morden des Gegners noch schrecklichste Kriegsverbrechen begannen: Am 22. April werden 200 deutsche Volkssturmmänner durch sowjetische oder polnische Truppen in einer Scheune bei Niederkaina verbrannt.
Am selben Tag töten Deutsche in einem Larzarett in Guttau die polnischen Verletzen und das Personal.
Und das ist nur der Teil des Gefechtes rund um Bautzen!
Insgesamt werden bei der „Schlacht um Berlin“, dessen südlicher Ausläufer die „Operation Lausitz“ war, in Summe 200.000 Menschen ausgelöscht. In 10 Tagen!
DAS ist Krieg, den sich momentan sehnlichst viele Deutsche Politiker wünschen…
Bergung der Opfer der 2. polnischen Armee
Die Opfer der 2. polnischen Armee werden ab Sommer 1946 aus ihren Gräbern geholt und nach Zgorzelec gebracht. Ort: Bohaterów II Armii Wojska Polskiego 23, 59-900 Zgorzelec, Polen.
Man holt sie aus Horka und Niesky, aus der Region Bautzen und aus der tschechischen Stadt Mielnik. Die 3.420 in Zgorzelec Bestatteten sind nur ein Bruchteil der Gefallenen, Verwundeten und Vermissten, wie wir nun wissen.
An den Namenstafeln in Zgorzelec findet man viele blutjunge Soldaten.

Der Piastenadler
Was ist denn ein Piastenadler?
Die Piasten waren ein polnisches Adelsgeschlecht ab dem Jahre 1.000 herum, das viele Könige und Herzoge stellte. Durch Heirat mit deutschen Prinzessinnen wurden sie allmählig ein deutsches Adelsgeschlecht. Aber schon 1370 starben sie in der Königslinie aus, 1679 dann auch in der letzten Nebenlinie. Unsere beiden Völker waren sich mal näher, wie viele wissen…


Unvergessen
Übers Jahr finden mehrere offizielle Gedenkfeiern auf der Anlage statt.
Die nächste ist am 8.5.2025 um 12:00 Uhr am Adler.
Die letzte Gedenkfeier war Mitte April zum Jahrestag der „Überquerung der Neiße“.
Das Gedenken in den Familien findet jedes Jahr zu Allerheiligen und Allerseelen statt. Dann werden Kerzen am Piastenadler, an den Kriegskreuzen und bei einer zentral angelegten Feuerschale aufgestellt – auch noch 80 Jahre nach dem Krieg.
Dahinter steht das Brauchtum, dass zu Allerheiligen und Allerseelen jeder Pole den Menschen, die er kennt, eine Kerze ans Grab bringt. Da das jeder macht, finden sich oft an einzelnen Gräbern bis zu 40 – 60 Kerzen ein. Bilder dazu hab ich hier.

Tal des Todes
Zu einem Teil dieser Kämpfe rund um Panschwitz-Kuckau, Horka und Crostwitz gibt es eine 30 Minütige Doku. Aktuell steht sie noch in der Mediathek, hier.
Krieg aufarbeiten
Hinter jedem einzelnen getöteten Menschen im Krieg steht eine Mutter, die für immer gebrochen ist. Stehen Geschwister, die den Verlust nie überwinden. Steht ein Vater (wenn er selbst überlebt hat), der seinen ganzen Stolz verloren hat. Stehen Freunde, eine Partnerschaft, Nachbarn, manchmal sogar eigene Kinder. Ihr Gedenken sieht man zu Allerheiligen/Allerseelen bis heute auf dem Soldatenfriedhof.
Das Leid, welches nur der Tod eines einzelnen jungen Menschens auslöst, ist uns sehr wohl bekannt. Wir nehmen Anteil an den Einzelschicksalen in der eigenen Familie oder dem Freundes- und Bekanntenkreis. Was der Tod von 200.000 jungen Männern in den 10 Tagen kurz vor Kriegsende 1945 für Leid in die Familien brachte, ist nicht zu ermessen.
Ich rate jedem, sich mit der eigenen Familiengeschichte zu befassen und diese „im Krieg Gefallenen“ des eigenen Stammbaumes in sich aufzuarbeiten und auszuheilen. Anderenfalls verschleppt sich von Generation zu Generation der Schmerz, das Leid, der Verlust, der Hass, die Wut und wird immer weiter gegeben.
Solange noch Krieg ungeheilt in den Familien steckt, ist der zweite Weltkrieg nicht vorbei. Siehe dazu auch folgenden Beitrag.
Quellen
Wer nun noch die Langfassung lesen möchte, mit viel Kriegsrhetorik auf die ich absichtlich verzichtet habe, findet hier meine Quellen:
DE: Schlacht bei Bautzen, MDR und Schlacht bei Bautzen, Wikipedia
PL: Friedhof der Soldaten der 2. polnischen Armee
Konstruktive Kommentare dazu
„Ich finde besonders schlimm wie jung die alle waren und dass bei vielen der Krieg eigentlich schon vorbei war. Wir dürfen nicht zulassen dass sich sowas wiederholt.“
„Für jeden Politiker der Krieg als Problemlösungsmöglichkeit sieht, eine Pflichtlektüre.“
„***** und da ist man so Kriegsgeil bei so einer Geschichte !“
„Auch bei Panschwitz-Kuckau. Etwa 18000 Soldaten , Polen , Russen und Deutsche sollen dort sinnlos gestorben sein. Am meisten im ,,Tal des Todes“! Unmittelbar neben dem Kloster Marienstern Panschwitz -Kuckau gelegen.“
„Oh, ein sehr interessanter Beitrag. Das wusste ich nicht. Ach, es war furchtbar, was damals geschehen ist „
„Schreckliche sowjetische Taktik verschwendet Leben ohne Grund“
„… dazu gab es auch eine MDR-Dokumentation zum ‚Tal des Todes‘ … bedrückend …“
Hier unter dem Beitrag sind so bunte Symbole. Damit könnt ihr den Beitrag an Freunde teilen über Whatsapp, Instagram, Twitter, per eMail etc. Probierts mal aus!